Impressumspflicht
für Webseiten neu geregelt!
Stephan Ott 26.02.2007
Ab
voraussichtlich dem 1. März schreiben Bestimmungen im Rundfunkstaatsvertrag und im
Telemediengesetz die Angaben vor, die Webmaster über sich preisgeben müssen.
Rechtlich
zugelassene Anonymität bleibt die große Ausnahme Jeder aufmerksame Verfolger der
Blogger-Szene stößt in diesen Wochen fast unweigerlich auf ein Thema: die Neuregelung
der Impressumspflicht für Webseiten durch das Telemediengesetz (TMG) und den
Staatsvertrag über Rundfunk und Telemedien (RStV).
Von
der Einführung einer Impressumspflicht für Blogs ist da die Rede.
Andere
sprechen von einer neuen Anonymität für Websitebetreiber.
Viele,
die den neuen Paragraphendschungel nicht überblicken, rätseln, was denn jetzt für
Angaben zu machen sind. Auf den Punkt gebracht: Es herrscht mal wieder - durch den
Gesetzgeber ausgelöst - ein Klima der Rechtsunsicherheit, der perfekte Nährboden für
die zum geplanten Start der Neuregelung am 1.3.2007 prognostizierten neuen
Abmahnwellen.
Wenn Sie selber als Betreiber eines Internetauftritts mit dieser Problematik beschäftigt
sind und sich mit der eingangs aufgeworfenen Frage beschäftigen müssen, ist für Sie
auch ein Anwalt als Telefonjoker kein Garant für eine richtige Antwort, zumindest nicht
in 30 Sekunden...
Und
wie dieser kurze Überblick zur Neufassung der Vorschriften aufzeigen wird, gibt es die
eine richtige Antwort auch gar nicht.
Bislang waren die notwendigen Pflichtangaben nahezu wortgleich in § 6 des
Teledienstegesetzes (TDG) bzw. in § 10 des Mediendienstestaatsvertrags (MDStV) enthalten.
Die in Grenzbereichen schwierige Abgrenzung zwischen Tele- und Mediendiensten, die für
das Impressum keine wichtige Rolle spielte, wird mit der Neuregelung abgeschafft.
Die
alten Kategorien werden in der neuen der sog. "Telemedien" zusammengefasst. An
Stelle der beiden alten Gesetze treten das TMG und der RStV. Das TMG regelt dabei
vorwiegend die technischen und wirtschaftlichen Aspekte von Webseiten, der RStV Fragen,
die die Inhalte der Telemedien betreffen. Beide Gesetze gelten nebeneinander.
Bisher musste jeder geschäftsmäßige Anbieter ein Impressum auf seiner Webseite
anbringen.
Für
viele unverständlich, wurde der Begriff der Geschäftmäßigkeit aber schnell in der
Rechtsprechung sehr weit interpretiert.
So
weit, dass es praktisch keine Website mehr gab, die als privat gelten konnte. Gefordert
wurde nur ein nachhaltiges Angebot, ohne dass es auf eine Gewinnerzielungsabsicht
angekommen wäre.
Werbebanner
führten in jedem Fall zur Geschäftsmäßigkeit, sogar Links zu anderen geschäftlichen
Anbietern sollten schädlich sein.
Nun konnte man sicher geteilter Meinung über den sehr großen Adressatenkreis sein, dem
Gesetzgeber Unverhältnismäßigkeit vorwerfen, die "private Webseite" zu Grabe
tragen oder Anonymität für Blogs fordern.
Eines
hatte die Regelung für sich: Wenn man denn wollte, wusste man schnell, woran man war und
welche Pflichten einen trafen.
Faktisch
konnte jedem nur geraten werden, die notwendigen Pflichtangaben auf seiner Seite zu
machen.
§5 TMG Die Neuregelung hat dies jetzt unnötig verkompliziert.
Werfen
wir zunächst einen Blick auf § 5 TMG, der § 6 TDG ersetzt.
Der
Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich im Vergleich zur früheren Regelung eingeschränkt
und festgelegt, dass nur noch Telemedien, die mit dem Hintergrund einer
Wirtschaftstätigkeit, also in der Regel gegen Entgelt, bereitgehalten werden, den
Informationspflichten des TMG unterliegen.
Als
Beispiele für nicht mehr erfasste Anbieter führt die Gesetzesbegründung
Homepages, die rein privaten Zwecken dienen und die nicht Dienste bereitstellen, die sonst
nur gegen Entgelt verfügbar sind, oder entsprechende Informationsangebote von
Idealvereinen, an.
Der Teufel steckt hier wieder einmal im Detail. Zunächst hört sich das alles nach einer
erfreulichen Verbesserung an.
Doch
für Webmaster, die an Affiliate-Programmen teilnehmen bzw. Werbebannern oder -anzeigen
auf ihrer Website anbringen (z.B. als Teilnehmer von Google AdSense), ändert sich gar
nichts.
Sie
werden auch weiterhin von der "vollständigen Impressumspflicht" erfasst, selbst
wenn sie lediglich die Hostingkosten kompensieren wollen.
Die Formulierung "Dienste bereitstellen, die sonst nur gegen Entgelt verfügbar
sind" zeigt, dass es nicht darauf ankommt, ob ein Websitebetreiber mit seinem Angebot
wirklich wirtschaftliche Zwecke verfolgt, sondern nur darauf, dass typischerweise mit
solchen Angeboten ein Entgelt erstrebt wird.
Und
hier darf gegebenenfalls in Zukunft fleißig gerätselt werden. Nehmen wir als Beispiel
Online-Games. Ausgefeilte Produkte sind mittlerweile in der Regel entgeltpflichtig. Was
wäre nun mit der Website eines Hobby-Spiele-Programmierers?
Kommt
es für die Anwendbarkeit des § 5 TMG darauf an, wie viel Arbeit er in das Spiel
investiert hat, welche Qualität es hat oder ob er hofft, durch die Veröffentlichung
"entdeckt" zu werden?
Wie
steht es mit Online-Lexika?
Derartige
Arbeit macht jemand sich doch nur, wenn am Ende etwas dafür herausspringt, oder?
Vor
einigen Jahren herrschte noch eine Kostenlos-Mentalität im Netz vor, die immer mehr zu
Lasten kostenpflichtiger, aber mittlerweile akzeptierter Angebote zurückgedrängt wird.
Dieser
tatsächlichen Entwicklung entsprechend, wird sich der Adressatenkreis des § 5 TMG mit
der Zeit verändern.
Anbieter
mit idealistischen Zielen werden jedenfalls durch die Neuregelung nicht besser gestellt.
Halten wir also fest: Alle Webseitenbetreiber, die ihren Auftritt mit Werbeanzeigen
finanzieren oder anderswie entgeltlich tätig werden oder ein Angebot bereitstellen, mit
dem typischerweise ein Entgelt angestrebt wird, werden von § 5 TMG erfaßt. Sie müssen
Name und Anschrift, Telefonnummer (ob mit der vom Gesetz verlangten Möglichkeit zur
unmittelbaren Kontaktaufnahme das Telefon gemeint ist, darüber streiten Juristen
allerdings schon lange und Gerichte geben widersprüchliche Antworten siehe das
OLG Köln einerseits, das OLG Hamm andererseits), eine E-Mail-Adresse sowie
ggf. berufsspezifische Angaben und, soweit vorhanden, die
Umsatzsteueridentifikationsnummer angeben.
§ 55 Abs. 1 RStV Für alle anderen Webseiten bedeutet dies aber nun gerade nicht, dass
auf ihnen keine Informationen über deren Betreiber vorhanden sein müssen.
Dies
wäre ein gefährlicher Irrtum! Gem. § 1 Abs. 4 TMG, § 55 Abs. 1 RStV haben Anbieter von
Telemedien, die nicht ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen,
nämlich Name und Anschrift bzw. bei juristischen Personen auch Namen und Anschrift des
Vertretungsberechtigten verfügbar zu halten.
Wir
haben es hier also mit zwei weiteren Abstufungen bei der Impressumspflicht zu tun. Nur bei
einem ausschließlich privaten Zweck ist Anonymität erlaubt.
Die
Gesetzesbegründung zum RStV sagt hierzu:
Nicht kennzeichnungspflichtig sind demnach private Kommunikation, auch wenn sie über die
reine Telekommunikation hinausgeht.
Dies
betrifft etwa die Einstellung von Meinungsäußerungen in Foren, aber auch den
gelegentlichen privaten wirtschaftlichen Geschäftsverkehr, etwa bei der Veräußerung von
Waren, unmittelbar durch den privaten Anbieter oder aber über dritte Plattformen.
In
diesen Fällen ist entweder durch die persönliche Bekanntschaft zwischen Anbieter und
Nutzer oder aber über den Plattformanbieter sichergestellt, dass die schutzwürdigen
Belange der Beteiligten gewahrt werden können.
Eine
Kennzeichnungspflicht würde ansonsten dazu führen, dass entweder die Privatsphäre in
diesen Fällen nicht mehr geschützt wäre oder aber die Kommunikation unterbliebe.
Der Betrieb von Webseiten wird nicht explizit angesprochen.
Bei
diesen dürfte vielmehr gelten, dass sie sich in der Regel an die Allgemeinheit richten
und über Suchmaschinen von jedermann theoretisch auffindbar sind.
Eine
rein private Kommunikation bei dem die Empfänger persönlich bekannt sind, ist dies nicht
mehr! Beispielsfälle für die Ausnahme dürften daher eher rar sein.
In
Betracht kommen passwortgeschützte Bereiche, zu denen nur Freunde und Bekannte Zugang
haben oder Schilderungen bzw.
Bilder
aus dem engsten eigenen Lebensbereich, die einer Person zuzuordnen für Dritte kein
berechtigtes Interesse besteht.
Soweit
in Urlaubsschilderungen Kritik an Anbietern erfolgt oder in persönlichen Tagebüchern
über Zustände am Arbeitsplatz berichtet wird, könnte dies jedoch bereits wieder ein
Bedürfnis seitens eines Unternehmens oder des Arbeitgebers auslösen, die hinter einer
Aussage stehende Person zu ermitteln und gegebenenfalls zu belangen.
Auf eine großzügige Auslegung der Ausnahme sollte ein Webmaster besser nicht vertrauen.
Betreiber
von Blogs;; www.linksandlaw.info/Impressumspflicht-15a.html dürfen in den allerwenigsten
Fällen anonym bleiben.
Ihnen,
ebenso wie fast jedem Webmaster, ist zu empfehlen, zumindest Name und Anschrift anzugeben.
Damit sind wir bereits bei einer Dreiteilung der Impressumspflicht angelangt:
Rein private WebsiteVöllige Anonymität möglich, aber die
Voraussetzungen für ein ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienendes
Angebot werden fast nie vorliegen.
Geschäftsmäßige Website Nach § 5 TMG ist u.a. die Angabe von Name, Anschrift,
Telefonnummer und
E-Mail-Adresse erforderlich.
Nicht geschäftsmäßige, aber auch nicht rein private WebsiteNach § 55 Abs. 1 RStV ist
die Angabe von Name und Anschrift erforderlich.
§ 55 Abs. 2 RStV Damit bleibt noch eine Fallgruppe übrig, die bei der eingangs
aufgeworfenen Fragestellung als "erweiterte Impressumspflicht" bezeichnet wurde.
§ 55 Abs. 2 RStV sieht vor, dass Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten
Angeboten, in denen insbesondere vollständig oder teilweise Inhalte periodischer
Druckerzeugnisse in Text und Bild wiedergegeben werden, zusätzlich zu den Angaben nach §
5 TMG einen Verantwortlichen mit Angabe des Namens und der Anschrift zu benennen haben.
Bislang
waren Websitebetreiber i.d.R. fein raus, weil eine Website nicht als Textverbreitung in
periodischer Folge angesehen wurde.
Mit
der Aufweichung dieses Merkmals ("insbesondere") ist jetzt der Weg frei gemacht
worden für die Erfassung moderner Medienformen wie z.B. Blogs.
Was aber genau ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot sein soll, verrät das
Gesetz nicht. Lediglich die Gesetzesbegründung umschreibt diese als Angebote, "die
massenkommunikativen Charakter aufweisen und damit als elektronische Presse beschrieben
werden".
Je
nach konkretem Inhalt eines Blogs kann diesem eine publizistische Zweckbestimmung zugrunde
liegen und es sich "nur" um Meinungsäußerungen zu politischen und
gesellschaftlichen Themen handeln. Ein Blog mit Urlaubsberichten oder mit der
Aneinanderreihung von Nachrichten wird von § 55 Abs. 2 RStV nicht angesprochen sein, wohl
aber eines, das z.B. politische Entwicklungen kritisch kommentiert. Eine Vielzahl von
Blogs dürfte in eine rechtliche Grauzone fallen.
Vierte und letzte Fallgruppe sind also journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote,
bei denen die Angaben nach § 5 TMG (Name, Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse)
und die Nennung eines Verantwortlichen mit Angabe des Namens und der Anschrift
erforderlich sind.
Fazit:
Die Gesetzeslage wird eher verwirrender und die Frage, welche Angaben zwingend auf einer
Website zu finden sein müssen, immer schwerer zu beantworten.
Die
Unterschiede bei den anzugebenden Informationen sind zum Glück eher gering zwischen den
einzelnen Fallkonstellationen.
Webmastern
ist zu raten, im Zweifel lieber mehr als zu wenige Angaben zu machen, insbesondere nicht
auf die Angabe einer E-Mail-Adresse zu verzichten.
Unzulängliche
Angaben können nicht nur einen Bußgeldbescheid nach sich ziehen, es drohen außerdem
Abmahnungen durch Konkurrenten.
Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24689/1.html
Gefunden
am 20.11.2008